Stefan Zweig an Hermann Kesten
Schreibort unbekannt, im Januar 1941

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Original: Monacensia. Literaturarchiv und Bibliothek. München.

Lieber Kesten, Fall Wolfenstein – leider plötzlich sehr compliciert. Er lebte in Paris mit einer Frau Marcus, sollte sie heiraten, deren wohlhabender Bruder hier in Brasilien lebt, ein Herr Verschleisser. Dieser besorgte Frau Marcus ein Visum hieher und erklärte sich bereit die materielle Sicherstellung für W. hier zu übernehmen und ich hatte daraufhin alles vorbereitet.

Jetzt hat der unglückselige Wolfenstein anscheinend die Lebensgefährtin gewechselt, lebt in Carcassone mit Elisabeth Laux, während die Frau Marcus in Marseille ist; damit wird die Sicherstellung des Bruders natürlich hinfällig, im Gegenteil, es wäre für ihn peinlich, wenn einerseits seine Schwester ohne Wolfenstein und dafür Wolfenstein mit einer neuen Lebensgefährtin hier ankäme.

Hoffentlich klärt sich die Situation, damit man etwas versuchen kann. Alles Bisherig-Getane ist natürlich dadurch hinfällig.

Herzlichst Ihr
Stefan Zweig

Vormals Schriftsteller, nun Expert in Visas ect.